Am 25. und 26. Februar 2013 veranstaltete der VdTÜV das 2. Forum „Mobilität für Menschen mit Behinderung“ in Berlin. War man bei der Ausrichtung des 1. Forums Ende 2011 noch unsicher, ob Themen wie Rollstuhlsicherheit von breitem öffentlichen Interesse ist, so bestätigten die positiven Rückmeldungen der rund 110 Fachbesucher des 1. Forums die Fortsetzung der Kongressreihe.
Die Themen für das 2. Forum ergaben sich fast automatisch aus der Auftaktveranstaltung im Jahr 2011. Die zweite Veranstaltung stand unter dem Motto Barrierefreiheit. Das Forum wurde am ersten Tag mit einer Podiumsdiskussion mit der Überschrift „Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention, wie barrierefrei ist Deutschland wirklich“ eröffnet. Das Podium war besetzt durch den Bundesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, dem Parlamentarischen Staatssekretär des BMAS, Hans-Joachim Fuchtel, der Vorsitzenden der Bundesvereinigung Lebenshilfe und ehemaligen Gesundheitsministerin, Ulla Schmidt, dem Vizepräsident der Air Berlin Herrmann Lindner, der Journalistin Christiane Link sowie Dr. Sieger vom Institut für barrierefreie Gestaltung und Mobilität. Die spannende Diskussion zeigte deutlich auf, dass Deutschland mit der Unterzeichnung der UN Behindertenrechtskonvention im Jahre 2008 den richtigen Schritt in Richtung Inklusion gemacht hat. An vielen Stellen gibt es aber noch Handlungsbedarf.
200 Teilnehmer folgten der Einladung des VdTÜV, um am zweiten Tag den Fachkongress zu erleben. Die Teilnehmer konnten in zwei Sektionen aus insgesamt 12 Vorträgen wählen. Während in der Sektion 1 die Rollstuhlsicherheit aus den unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wurde, wurden in der Sektion 2 die Verkehrsträger, Pkw, Bus, ÖPNV, Bahn und Flugzeug, auf ihre Barrierefreiheit getestet.
Die Rollstuhlsicherheit und die Beförderung von Menschen mit Behinderung sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Doch noch immer gibt es Barrieren und Sicherheitsdefizite. Der Kongress soll dabei helfen, die Mobilität von Menschen mit Behinderung sicherer sowie für den Fahrdienst rechtssicherer zu gestalten, um maximale Teilhabe zu erreichen. Neue Normen und Richtlinien für die Rollstuhl- und Fahrzeugbeschaffenheit stellen die Menschen mit Behinderung, aber auch die Auftraggeber der Behindertenbeförderung und die Beförderungsunternehmen vor neue Herausforderungen. Experten schätzen, dass rund 50 Prozent der Rollstuhlfahrer derzeit weder sicher noch rechtssicher befördert werden, weil der Rollstuhl im Zusammenspiel mit dem Fahrzeug nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Viele Rollstühle müssten erst umgerüstet oder auch ersetzt werden, um befördert werden zu können. Bei einem Unfall würde der Fahrdienst seinen Versicherungsschutz verlieren und im Falle von Personenschäden immense Kosten selber tragen müssen. Dies waren die zentralen Themen, die in der Sektion 1 kontrovers diskutiert wurden. Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Politik gefordert ist ein gesamtheitliches Konzept für eine sichere und rechtssichere Beförderung von Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrern zu gewährleisten. Menschen mit Behinderung dürfen auch sicherheitstechnisch nicht wie Menschen zweiter Klasse befördert werden. Die Verbesserung des Sicherheitsniveaus darf aber genauso wenig zu Lasten der Teilhabe gehen. Das Motto lautet also: Maximale Sicherheit bei maximaler Teilhabe. Der seitens des VdTÜV Anfang 2012 ins Leben gerufene Runde Tisch wird diese Aufgabenstellung aufgreifen und den Kreisen der Politik praxisorientierte Lösungsansätze erarbeiten.
In der Sektion 2 wurden alle Verkehrsträger bezüglich ihrer Barrierefreiheit gegenübergestellt. Dabei wurde über Defizite diskutiert und Best Practice-Beispiele vorgestellt, wie vorhandene Barrieren im Alltag mit unterschiedlichen Behinderungsarten und Bedürfnissen abgebaut werden können. Am Beispiel der Bordsteinkante zeigt sich deutlich, dass Sehbehinderte diese als Hinweis nutzen können, aber Rollstuhlfahrer dadurch behindert werden können. Es wurde deutlich, dass die einzelnen Verkehrsträger bezüglich ihrer Barrierefreiheit einiges erreicht haben. Am Beispiel der durch die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes seit 2012 liberalisierte Fernbuslinienmarkt wird deutlich, welche Herausforderungen auf Reisebusunternehmen zukommen, wenn sie die nun für sie geltenden Vorschriften hinsichtlich der Barrierefreiheit einhalten müssen. Pkw-Hersteller zeigten auf, wie sie sich den unterschiedlichen Behinderungsarten stellen. Auch der Vertreter der Luftfahrt konnte aufzeigen, dass an Bord eines Flugzeuges der Abbau von Barrieren vorangetrieben wird.
Menschen mit Behinderung, Mobilitätsfachleute, Vertreter der Politik, Verbands- und Industrievertreter, Beförderungsunternehmen und kommunale Auftraggeber bot das Forum eine Plattform, um die unterschiedlichsten Fragen, die im Zusammenhang mit der sicheren Beförderung von Menschen mit Behinderung stehen, zu diskutieren.
Es bleibt festzuhalten, dass Gesetze und Verordnungen als Leitplanken für eine sichere und barrierefreie Mobilität betrachtet werden sollten und nicht dazu führen dürfen, dass Menschen mit Behinderung von der Mobilität und der Teilhabe am Leben ausgeschlossen werden. Für die offenen Fragen und Probleme sollen bis zum nächsten Forum im Jahr 2014 möglichst viele Antworten und Lösungen gefunden werden.