Diesbezüglich war in den zurückliegenden Jahren immer mehr eine Verschiebung in die Richtung zu verzeichnen, die der Gesetzgeber bewusst nur für Sonder- und Ausnahmefälle vorgesehen hat. Demnach hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 41a StVZO (42. ÄVO VkBl. 2006 S. 418) beabsichtigt, dass Gas-Nachrüstsysteme zukünftig mit Genehmigungen nach internationalem Recht in den Verkehr gebracht werden (UNECE Regelung Nr. 115). Nur für Sonder- und Ausnahmefälle sollen Fahrzeuge nach nationalem Recht eine Betriebserlaubnis für Einzelfahrzeuge (§ 21 StVZO) erhalten.
Zur Konkretisierung und Klarstellung der mit am 1. Oktober 2017 einhergehenden Umsetzung des VdTÜV-Merkblattes am Markt auftretenden Fragen, möchten wir im Sinne einer einheitlichen Umsetzung der Inhalte die wichtigsten Fragen zur praktischen Umsetzung wie folgt beantworten.
1. Werden ausländische Systemgenehmigungen nach UNECE Regelung Nr. 115 in Deutschland anerkannt?
Typgenehmigungen nach internationalen Regelwerken werden im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und in den Anwenderstaaten der jeweiligen ECE-Regelungen (und damit auch in Deutschland) anerkannt.
2. Ist das Genehmigungsverfahren nach UNECE Regelung Nr. 115 auch für den Fahrzeughersteller (OEM) in der Erstausrüstung anwendbar?
Die Erstausrüstung durch den Fahrzeughersteller (OEM) fällt nicht in den Regelungsbereich der UNECE Regelung Nr. 115, sondern in die UN Regelung Nr. 67, Teil II.
3. Welche Schritte gilt es für die Erlangung einer Systemgenehmigung nach UNECE Regelung Nr. 115 zu berücksichtigen?
Die erforderlichen Schritte sind dazu im nachfolgenden Schaubild vereinfacht dargestellt. Weitere Details enthält das KBA - Merkblatt zur Anfangsbewertung.
>>>Schaubild
4. Welche Aufgaben hat der Genehmigungsinhaber (Hersteller im Sinne des Verfahrens) zu erfüllen?
Der Genehmigungsinhaber hat das Recht, eine in der Regel unbegrenzte Anzahl von genehmigten Produkten (Genehmigungsobjekten) in den Anwenderstaaten einer Rechtsvor-schrift auf den Markt zu bringen.
Beim Vorliegen einer Typgenehmigung erlangt der Endbenutzer die Sicherheit, dass bei diesem Produkt die maßgeblichen Vorschriften eingehalten wurden. Der Genehmigungsinhaber ist im Gegenzug für die Erfüllung der genehmigungsrelevanten Anforderungen einschließlich der Sicherung der Übereinstimmung der Produktion verantwortlich.
Er trägt die technische und rechtliche Verantwortung für das genehmigte Produkt. Die Pflichten für den Genehmigungsinhaber erstrecken sich insbesondere auf Folgendes:
Die mit der Typgenehmigung verbundenen Pflichten können nicht an Dritte übertragen werden.
5. Wie lange dauert der Verfahrensablauf zur Erlangung einer Systemgenehmigung?
Der Prozess zur Erlangung einer Systemgenehmigung nach UNECE Regelung Nr. 115 durch eine europäische Genehmigungsbehörde ist sehr komplex.
Er beginnt mit der Auswahl und Beauftragung eines Technischen Dienstes, beinhaltet die vorgeschriebenen Prüfprozeduren einschließlich der Erstellung der Prüfberichte und endet mit der Genehmigungserteilung durch die Behörde. Der Zeitraum ist abhängig von
den Bearbeitungszeiten der europäischen Genehmigungsbehörden und dauert in der Regel einige Wochen ggfs. auch Monate.
6. Dürfen Veränderungen am Steuergerät der Gasanlage vorgenommen werden?
Gemäß UNECE Regelung Nr. 115, Punkt 6.1.2.4.3 muss ein LPG Nachrüstsystem den Vorschriften und Prüfungen der UNECE Regelung Nr. 83 entsprechen.
In UNECE Regelung Nr. 83 ist die Eingriffssicherheit in elektronische Systeme weiter definiert. Es heißt in Punkt 5.1.5.1:
[…] Jedes Fahrzeug, das mit einem Rechner zur Steuerung der Emissionsbegrenzungssysteme ausgerüstet ist, muss so gesichert sein, dass Veränderungen am Rechner nur mit Genehmigung des Herstellers vorgenommen werden können […]
Darüber hinaus haftet der Inhaber einer Systemgenehmigung nach UNECE Regelung Nr. 115 für die Übereinstimmung der Produktion mit seiner Genehmigung. Der Versand „offener“ Steuergeräte, bietet keinen Schutz gegen ungewollte, emissionsrelevante Manipulation. Die rechtlichen Folgen für den Genehmigungsinhaber sind somit nicht mehr überschaubar.
7. Wie ergibt sich der Verwendungsbereich in einer Genehmigung?
Der mögliche Verwendungsbereich ist über die Kriterien zur Fahrzeugfamilienbildung gemäß Abschnitt 2.5 der UNECE Regelung Nr. 115 eindeutig geregelt.
8. Wie kann mit einem Fahrzeug verfahren werden, das nicht explizit im Verwendungsbereich genannt ist?
Prinzipiell ist die Aufrechterhaltung eines aktuellen Verwendungsbereiches die Aufgabe des Genehmigungsinhabers. Dazu muss die bestehende Systemgenehmigung nach UNECE Regelung 115 auf Antrag des Genehmigungsinhabers um die entsprechenden Typen / Modelle erweitert werden.
Ausnahmen zu dieser Verfahrensweise regelt das VdTÜV-Merkblatt 750 (Fassung 10/2017) im Abschnitt 4.2.6.2 wie folgt:
Einzelabgasbestätigungen dürfen nur ausgestellt werden für Fahrzeuge, für die keine Genehmigung nach UNECE Regelung Nr. 115 vorliegen kann (Anmerkung: Dies sind einzelgenehmigte Fahrzeuge sowie Fahrzeuge, die nicht in den Anwendungsbereich der UNECE Regelung Nr. 115 fallen. Vor Einbau der Autogasanlage bereits technisch geänderte, ursprünglich typgenehmigte Fahrzeuge werden im Sinne dieses Merkblattes nicht als einzelgenehmigte Fahrzeuge betrachtet. Durch diese Festlegung soll ausgeschlossen werden, dass für Anlagen/Fahrzeuge, die grundsätzlich nach UNECE Regelung Nr. 115 behandelt werden können, Einzelabgasbestätigungen ausgefertigt werden).
Parallel dazu besteht die Möglichkeit das geänderte Fahrzeug einer Einzelbegutachtung gemäß
§ 19 Abs. 2 i.V.m. § 21 StVZO zu unterziehen. Dafür ist eine Abgas-Nachweisführung durch eine Einzelmessung Voraussetzung.
>>>Flowchart
9. Wie sind Fahrzeuge zu behandeln, die ursprünglich nach einer nationalen Abgasnorm (z.B. D3/D4) umgerüstet wurden?
Wenn Fahrzeuge eine nationale Einstufung (Verschlüsselung) erfahren haben, die international nicht beschrieben wird, dann fallen diese Fahrzeuge nicht in den Verwendungsbereich einer Systemgenehmigung nach UNECE Regelung Nr. 115. Damit wird die Ausstellung einer Einzelabgasbestätigung möglich / notwendig.
10. Sind LPG-Anlagen, die für Fahrzeuge mit höherwertigen Abgasreinigungsstrategien genehmigt sind, immer auch geeignet für Fahrzeuge mit niedrigeren Abgasreinigungsstufen?
Auf den ersten Blick erscheint die Fragestellung trivial; das vermeintlich Höherwertige sollte den schwächeren Status doch abdecken. Leider trifft diese Sichtweise in diesem Fall nicht zu. So weisen die für bestimmte Abgasnormen konzipierten Fahrzeuge spezifische technische Auslegungen und Softwarekalibrierungen auf, die genau auf die Erfüllung der jeweils zugrundeliegenden Vorschriften abzielen. Dies beinhaltet u.a., dass je nach zu erfüllender Emissionsvorschrift, durchaus unterschiedliche, spezifische Bauteile zum Einsatz kommen oder die Funktionalitäten ggf. identischer Bauteile unterschiedlich sein können.
Desweitern wäre zu erwähnen, dass im Rahmen des Übergangs von den Emissionsklassen „EURO 1/2“ auf „EURO 3/4“ der bei den Abgasmessungen anzuwendende Fahrzyklus verändert wurde. Bei der Weiterentwicklung des Anforderungsniveaus zu „EURO 5/6 sind ferner Spezifikationsunterschiede bei dem im Test zu verwendenden Referenzkraftstoff und geänderte Grundlagen zur Berechnung der Prüfergebnisse zu berücksichtigen.
Die zusammenfassende Antwort auf die gestellte Frage lautet damit: „Grundsätzlich nein“. Eine Übertragung vorhandener Prüfergebnisse ist nur unter den im Abschnitt 2.5 der UNECE Regelung Nr. 115 dargestellten Kriterien möglich.
11. Welche Herausforderungen sind durch die aktuell gültigen Abgasvorschriften zu erwarten?
Die UNECE Regelung Nr. 115 in heute gültiger Fassung berücksichtigt noch nicht den WLTP-Fahrzyklus, das Real-Drive-Emission (RDE) Prüfverfahren sowie die Überprüfung der Emissionsstrategie, die vom Fahrzeughersteller bzw. dem Systemhersteller „LPG-/CNG-Anlage“ vorgesehen ist.
Im Benzinbetrieb sollte die LPG/CNG-Anlage keinen Einfluss auf die Emissionsstrategie des Fahrzeugherstellers nehmen, andernfalls wäre die neue Emissionsstrategie detailliert zu beschreiben.
Für den LPG-/CNG-Betrieb ist die Emissionsstrategie (BES/AES) durch den Gasanlagenhersteller entsprechend VO EU 2017/1154, Anhang I, Anlage 3a zu liefern.
Die Herausforderung besteht nun darin, im Rahmen der Regelsetzung sinnvolle, mit der Zielsetzung der Abgasgesetzgebung vereinbare Verfahrensvorgaben zu definieren. Derzeit existieren solche Vorgaben zu Nachrüst-Gasanlagen noch nicht; Nachrüst-Gasanlagen zu Fahrzeugen mit Euro 6c und 6d (WLTP) Abgas-Typgenehmigungen sind somit aktuell noch nicht genehmigungsfähig.
12. Welchen Einfluss haben Austauschkomponenten (nicht identisches Bauteil mit wesentlich gleicher Funktion) auf die Gültigkeit der Betriebserlaubnis des Fahrzeugs?
Hierzu sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Fälle zu betrachten:
Fall 1: Die Austauschkomponente war/ist in der Genehmigung der Gasanlage bereits berücksichtigt.
Bei Austausch einer solchen Komponente bleibt der genehmigte Status des Fahrzeugs unberührt. Ggf. ist eine Anpassung des Einbauschildes erforderlich. Sofern mit dem Austausch allerdings Reparaturarbeiten im Sinne von §41a, Abs. 6 verbunden sind, sind vorgeschriebene Überprüfungen (Dichtigkeits- und Funktionsprüfung oder GAP) von entsprechend autorisierten Personen durchzuführen.
Fall 2: Die Austauschkomponente ist nicht Gegenstand der Genehmigung der Gasanlage.
In diesem Fall erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs. Zur Beantragung einer neuen Betriebserlaubnis müssen die Nachweise bezüglich des Emissionsverhaltens und ggf. zum Ausschluss einer möglichen Gefährdung geführt werden. Dieser Fall stellt praktisch die Ausrüstung mit einer neuen Gasanlage dar; die Begutachtung des geänderten Fahrzeugs entspricht folglich dem Verfahren des erstmaligen, nachträglichen Einbaus einer Gasanlage. GSP und Begutachtung gemäß §19 Abs. 2 / §21 StVZO sind durchzuführen.
In diesem Zusammenhang sei auf die sich aus §242 BGB ergebende Verantwortung des Anlagenherstellers hingewiesen, für seine Anlagen eine hinreichende Ersatzteilversorgung über die durchschnittliche Lebensdauer anzubieten. Hierdurch sollte es regelmäßig möglich sein, Reparaturen im Sinne des erstgenannten Falls auszuführen.
13. Welches Verfahren wird für Fahrzeuge angewendet, die nicht über eine Typgenehmigung in Verkehr gekommen sind?
Für solche Fahrzeuge, für die keine Systemgenehmigung nach UNECE Regelung Nr. 115 vorgelegt werden kann, wird ein Abgasnachweis auf Basis der Prüfung eines Referenzfahrzeuges (Einzelabgasbestätigung) benötigt. Zur Erläuterung: Dies sind einzelgenehmigte Fahrzeuge sowie Fahrzeuge, die nicht in den Anwendungsbereich der UNECE Regelung Nr. 115 fallen; erkennbar an der „ausgenullten“ Typschlüsselnummer in Feld 2.2 oder an einem fehlenden Hinweis auf eine Typgenehmigungsnummer in Feld K bzw. Feld 22 der Zulassungsbescheinigung Teil I (meist Importfahrzeuge). Vor Einbau der Autogasanlage bereits technisch geänderte, ursprünglich typgenehmigte Fahrzeuge werden im Sinne dieses Merkblattes nicht als einzelgenehmigte Fahrzeuge betrachtet (z.B. Veränderung durch Chip-Tuning). Durch diese Festlegung soll ausgeschlossen werden, dass für Anlagen/Fahrzeuge, die grundsätzlich nach UNECE Regelung Nr. 115 behandelt werden können, Einzelabgasbestätigungen ausgefertigt werden.
Für den Abgasnachweis des Referenzfahrzeuges sind alle in der UNECE Regelung Nr. 115 vorgeschriebenen Abgastests durchzuführen. Ein zusätzlicher Test des zu begutachtenden Einzelfahrzeuges ist bei Erfüllung der Familienkriterien entbehrlich.
Für jedes zu begutachtende Fahrzeug ist, bezogen auf die Fahrzeug-Ident-Nummer (FIN), eine Einzelabgasbestätigung (EAB) eines benannten Technischen Dienstes vorzulegen. Eine Übertragung auf andere Fahrzeuge ist nicht zulässig.
Anschließend muss das Fahrzeug einem amtlich anerkannten Sachverständigen zur Abnahme nach § 19/2 StVZO in Verbindung mit § 21 StVZO vorgestellt werden.
>>>Flowchart
14. Welche Bedeutung haben die GSP und GAP?
Gemäß §41a StVZO haben Halter deren Kraftfahrzeuge mit einer LPG-Nachrüstanlage ausgestattet wurden eine Gassystemeinbauprüfung (GSP) nach Anlage XVII StVZO durchführen zu lassen. Es spielt dabei keine Rolle ob die Gasanlage nach UNECE Regelung Nr. 115 genehmigt ist oder ob es sich um eine Umrüstung im Einzelfall handelt. Die GSP darf nur durch eine verantwortliche Person der hierfür anerkannten und einbauenden Werkstatt durchgeführt werden. Optional ist die GSP durch einen amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer durchzuführen. Die Bestätigung eines ordnungsgemäßen Einbaus erfolgt in Form einer schriftlichen Bestätigung nach Muster gem. Richtlinie 2 zu §41a StVZO.
Die Gasanlagenprüfung bzw. wiederkehrende Gasanlagenprüfung (GAP) ist die Überprüfung der Gasanlage nach Reparatur bzw. anlässlich der Hauptuntersuchung und darf ebenso wie die GSP nur in anerkannten Kfz-Werkstätten durch verantwortliches Personal oder durch den aaSoP einer Technischen Prüfstelle oder einem PI einer Sachverständigenorganisation durchgeführt werden.
Weitere Hinweise zu Inhalten der GSP und GAP bzw. zu den Anforderungen an die Anerkennung einer Kfz-Werkstatt finden sich in §41a StVZO und den einschlägigen Richtlinien hierzu.
15. Welche Begleitdokumente sind einer LPG-Anlage beizufügen?
Im Lieferumfang einer genehmigten LPG Anlage muss gemäß UNECE Regelung Nr. 115 eine Einbauanleitung (Einbauhandbuch) und ein Benutzerhandbuch beigelegt werden.
Aus der Einbauanleitung muss klar hervorgehen, wie die einzelnen Komponenten des genehmigten Nachrüstsatzes am Fahrzeug anzubringen und zu verbinden sind. Darüber hinaus werden folgende Anforderungen an den Inhalt eines Einbauhandbuchs gestellt:
Das Einbauhandbuch
diese enthalten:
Das Benutzerhandbuch
dient dazu, dem Nutzer über die Eigenschaften und Sicherheitsmerkmale des eingebauten LPG-Nachrüstsystems zu informieren. Aus diesem Grund werden an den Inhalt des Benutzerhandbuchs folgende Anforderungen gestellt: es
Weiterhin werden für die Durchführung der GSP folgende Unterlagen benötigt: