"Vertrauen ist gut, geprüfte Sicherheit ist besser": Ein erhebliches Risiko für Verbraucher in ganz Europa befürchtet der VdTÜV, sollte die EU-Kommission ihr Konzept zur Weiterentwicklung des europäischen Binnenmarktes umsetzen. Der Verband kritisiert insbesondere das geplante Verbot freiwilliger Prüfzeichen auf Verbraucherprodukten. Im Zuge der Überarbeitung des Rechtsrahmens zur Gestaltung des Binnenmarktes („Review of the New Approach“) will die EU-Kommission durchsetzen, dass künftig auf Produkten nur noch CE-Kennzeichnung (sofern in Richtlinie vorgesehen) verwendet wird und keine freiwilligen Prüfzeichen mehr zugelassen sind.
Welche Auswirkung hat das für Verbraucher? Was bedeutet der Verzicht auf präventive Produktprüfungen für die Marktaufsicht? Worauf müssen insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen künftig verzichten, sollte es zu einer Abschaffung des GS-Zeichens kommen?
Der VdTÜV hat eine Reihe häufiger Fragen gesammelt und die Antworten gleich dazu:
Nein. CE ist kein Prüfzeichen, sondern kennzeichnet eine Selbsterklärung des Herstellers über die Einhaltung grundlegender Anforderungen (zu denen auch - aber nicht zwingend Sicherheitsanforderungen gehören), die in den für die jeweiligen Produktgruppen (Spielzeug, Maschinen, Aufzüge etc.) relevanten Europäischen Richtlinien festgelegt sind. Die CE-Kennzeichnung soll definitionsgemäß die Konformität eines Produktes mit den grundlegenden Anforderungen gegenüber der Marktaufsicht zum Ausdruck bringen. Die CE-Kennzeichnung bietet keinen Schutz gegen Fahrlässigkeit, Irrtum oder Missbrauch des Herstellers.
Das Gegenteil ist der Fall. Erst durch ein Prüfzeichen, wie z.B. das deutsche GS-Zeichen, kann der Verbraucher überhaupt erkennen, dass ein Produkt durch einen neutralen Dritten (z.B. TÜV) auf seine Sicherheit geprüft wurde. Verwirrung stiftet vielmehr die CE-Kennzeichnung, da sie nur auf jenen Produkten angebracht werden darf, die unter eine sog. „New-Approach“-Richtlinie fallen und nicht bei allen Produktgruppen auf Sicherheitsanforderungen basiert. Zudem stiftet die CE-Kennzeichnung auch deshalb Verwirrung, weil für den Verbraucher nicht erkennbar ist, ob und inwiefern ggf. eine neutrale Stelle in die Konformitätsbewertung des Herstellers im Rahmen der Anwendung sog. „Konformitätsbewertungs-Module“ eingebunden wurde.“
Das ist falsch. Grundlage für die Vergabe des GS-Zeichens ist das sog. „Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG)“. Hier ist geregelt, dass sämtliche Auswirkungen für den Verbraucher auf Sicherheit und Gesundheit zu prüfen sind. Das beinhaltet auch die Zusammensetzung eines Produktes.
Das ist richtig und wird nicht angezweifelt. Allerdings können die Behörden unsichere Produkte erst dann identifizieren, wenn diese bereits auf dem Markt sind. Die Marktaufsicht kann die Verbraucher nicht durch präventive Maßnahmen schützen. Darüber hinaus ist es für die Behörden im Verdachtsfall sehr aufwendig, sich gegenüber einem Hersteller durchzusetzen: Sollte die Marktüberwachung nach ihrem Eindruck ein unsicheres Produkt identifiziert haben, gilt die Beweislastumkehr: Im Zweifelsfall muss nicht der Hersteller den Nachweis führen, dass sein Produkt die Anforderungen einer Richtlinie erfüllt, sondern die Marktaufsichtsbehörde muss den Nachweis führen, dass das betreffende Erzeugnis die Anforderungen nicht erfüllt.
Eine Verbesserung der Marktaufsicht ist wünschenswert, doch wird dadurch nie eine Kontrolldichte erreicht, die die Verbraucher verlässlich vor unsicheren Produkten schützt. Allein in Hamburg, wo momentan neun Beamte in der Marktaufsicht eingesetzt sind, werden zurzeit bei Stichproben nur etwa fünf Prozent der unsicheren Produkte identifiziert. Damit eine angemessene Trefferquote erzielt werden kann, müsste man das Personal verzwanzigfachen. Dies stellt einen Bürokratieaufbau in absurder Größenordnung dar. Deshalb braucht die Marktaufsicht die Unterstützung durch das GS-Zeichen, das den Behörden den Hinweis gibt, ob ein Produkt bereits verlässlich geprüft ist, bevor es auf den Markt kommt.
Pro Jahr werden für ca. 50.000 Produkte GS-Zeichen beantragt, wobei die Hälfte der angemeldeten Produkte sicherheitstechnisch nachgebessert werden müssen, bevor das GS-Zeichen erteilt wird. Legt man eine produzierte Stückzahl von ca. 40.000 Einheiten je Produkttyp zugrunde, so bedeutet dies, dass etwa eine Milliarde Produkte durch das GS-Zeichen den Markt erst nach sicherheitsrelevanten Verbesserungen erreichen.
Nein. Jedem Hersteller ist es freigestellt, ob er seine Produkte einer GS-Prüfung unterzieht, oder nicht. Der Marktzugang ist rechtlich nicht an das GS-Zeichen gebunden, sondern an die CE-Kennzeichnung. Soweit die Marktteilnehmer (z.B. führende Handelsketten) vom Hersteller in einzelnen Produktbereichen den Nachweis eines GS-Zeichens sehen möchten, so entspricht dies den erstzunehmenden privatwirtschaftlichen Erwartungen der Produktabnehmer, die vom europäischen Gesetztgeber respektiert werden müssen. Bedürfnisse der Marktteilnehmer stellen keine verbotene mitgliedstaatliche Marktzutrittsbarriere dar.
Das GS-Zeichen wird von insgesamt 84 Stellen weltweit vergeben, die im Internet einsehbar sind. Bei einem durchschnittlichen Preis von drei- bis fünftausend Euro pro Prüfung setzen alle diese GS-Stellen jährlich rund 150 Millionen Euro um. Für die TÜV beträgt der Anteil an GS-Prüfungen nur wenige Prozent ihres Gesamtumsatzes.
Jeder Hersteller kann frei wählen, ob er den Aufwand und die Kosten für die Erlangung des GS-Zeichens als wirtschaftlich sinnvoll erachtet. Die Kosten von durchschnittlich 3000-5000 Euro für eine GS-Zeichenprüfung fallen bei den Gesamtkosten üblicher Produktherstellungschargen nicht ins Gewicht. Zudem müsste ein Hersteller zwecks eigener Überprüfung der Produktsicherheit in Annäherung an den durch neutrale GS-Prüfstellen geleisteten Prüfumfang vergleichbare Prüfeinrichtungen und vergleichbares Expertenwissen in seinem Herstellungsbetrieb vorhalten, so dass hierfür auch vergleichbare, wenn nicht sogar höhere Kosten anfallen würden. Insofern handelt es sich für den Unternehmer praktisch um Fixkosten, die er zur Herstellung sicherer Produkte von vornherein im Rahmen seiner Produktverantwortung und zwecks Absenkung von Haftungsrisiken einkalkulieren wird.
Das ist richtig. Im Gegensatz zur CE-Kennzeichnung ist die Nachverfolgung eines Missbrauchs aber wesentlich einfacher, da jedes GS-Zeichen mit einem eindeutigen Hinweis auf die vergebende Prüfstelle versehen ist. Da alle GS-Prüfstellen ein hohes Interesse am Schutz ihrer Reputation haben, wird jeder Missbrauch sofort verfolgt und öffentlich gemacht.
Das ist richtig. Sein Interesse an solchen Prüfungen wird aber schwinden, da er sie nicht mehr auf seinem Produkt für den Verbraucher erkennbar nachweisen darf. Besonders für Klein- und Mittelständische Unternehmen (KMU), das Rückrat der Wirtschaft, fehlt dadurch für ihre Produkte ein wichtiges Marketinginstrument, mit dem sie ihre Verantwortung und Sicherheitskompetenz durch ein neutrales Testat transparent dokumentieren und sich mit ihren Produkten erkennbar im Wettbewerb abgrenzen können. Ihre Marktposition wird in der Folge gegenüber mächtigen Herstellern erheblich geschwächt, da bekannte Marken bei Verbrauchern in der Regel einen Vertrauensvorschuss genießen.
Das ist möglicherweise falsch. Das GS-Zeichen soll nach den Vorschlägen der EU-Kommission nicht mehr auf Produkten angebracht werden dürfen, die eine CE-Kennzeichnung tragen. Das kommt einem umfassenden Verbot gleich, da es sich bei den CE-kennzeichnungspflichtigen Produkten um die gängigen Verbraucherartikel handelt, bei denen der Nachweis einer neutralen Drittprüfung durch das GS-Zeichen besonders wichtig ist. Für den Verbraucher wäre dieser Ausschluss bestimmter Produktgruppen nicht nachvollziehbar, wodurch das GS-Zeichen an Akzeptanz verlieren würde.